FORSCHUNG ÜBER KAFFEE
Die Forschung kam jahrelang zu widersprüchlichen Schlussfolgerungen, ob Koffein und somit Kaffee gut für den Menschen ist oder langfristig eine Bedrohung für die Gesundheit darstellt. Schauen wir uns die Beweislage mal etwas genauer an.
GIBT KAFFEE EINEN GRUND ZUR SORGE?
Nachdem man eine Tasse Kaffee getrunken hat, erhöhen sich innerhalb von 15 Minuten die Koffeinwerte im Blut. Höchstwerte treten ungefähr nach zwei Stunden auf. Wie schnell der Körper Koffein ausscheidet, hängt von der jeweiligen Person ab, in der Regel zwischen vier und 20 Stunden. Schwangere Frauen und Frauen, die die Pille nehmen, scheiden Koffein um 40 Prozent langsamer aus als andere Menschen. Raucher bauen Koffein schneller ab. Und Menschen mit alkoholbedingten Leberschäden bauen es langsam ab, ebenso wie Neugeborene. Babys können sogar bis zu vier Monate nach der Geburt das Koffein nicht komplett über ihren Stoffwechsel verarbeiten.
Da Koffein ein Stimulans ist, wurde in vielen Studien seine Rolle bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen untersucht. Das Trinken von Kaffee löst eine hormonelle Kaskade aus, die unter anderem zu einem schnelleren Herzschlag führt. Bestimmte Körperchemikalien, die durch Koffein stimuliert werden, erhöhen auch den Blutdruck, was wiederum ein Risikofaktor für Herzkrankheiten ist.
An einer kürzlich durchgeführten Studie nahmen 22 Männer teil, die sich einem Gewichtstraining unterzogen. Die wurden in zwei Gruppen unterteilt, eine Gruppe bekam Koffein verabreicht und zwar in einer Dosis von sechs Gramm pro Kilo des Körpergewichts. Das entspricht bei einem 90 Kilo Mann fünf Tassen Kaffee. Die Männer der Vergleichsgruppe mussten ein Placebo zu sich nehmen. Das Koffein und das Placebo wurden eine Stunde vor dem Training eingenommen. Bei den Männern aus der Koffeingruppe stieg der systolische Blutdruck (wenn sich das Herz zusammenzieht und der Druck am höchsten ist) erheblich an. Außerdem erhöhte sich ihre Herzfrequenz um zehn Schläge pro Minute.
Eine neue Studie trägt noch mehr zur Verwirrung bei: Sie zeigt, dass eine Dosis Koffein, die ein bis drei Tassen Kaffee entspricht, die Herzfrequenz während eines leichten Trainings vermindert, etwa bei moderatem aerobem Training.
Das geschieht jedoch nicht, wenn mit maximaler Intensität trainiert wird. Die Studie fand außerdem heraus, dass die Koffeineinnahme während des Trainings keine Auswirkungen auf den Blutdruck hatte. Das war nur während der Erholungsphase der Fall.
Die erste Studie, die Kaffee mit Herzerkrankungen in Zusammenhang gebracht hatte, wurde 1972 veröffentlicht. Es wurde behauptet, dass Menschen, die täglich ein bis fünf oder mehr Tassen Kaffee trinken, ihr Herzinfarktrisiko um 50 beziehungsweise 120 Prozent erhöhen. Andere Studien vermuten, dass Kaffee eine Rolle bei erhöhten Blutcholesterinwerten spielt. Und da Kaffee schließlich zu einem schnelleren Herzschlag führt, behaupteten einige Wissenschaftler, dass das Trinken von Kaffee die Voraussetzung für tödliche Herzrhythmusstörungen schaffen kann.
Die meisten Studien konnten jedoch keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen dem Trinken von Kaffee und einem Herzinfarkt herausfinden. Da gibt es zum Beispiel die Framingham-Studie, bei der mehr als 5000 Menschen über 50 Jahre in bestimmten Abständen untersucht wurden. Ein Zusammenhang zwischen Kaffee und Herz-Kreislauf-Erkrankungen konnte nicht festgestellt werden. Auch nicht bei den Menschen, die unter einem hohen Blutdruck litten. Bei einer Studie aus dem Jahr 1990 wurden 45 589 Menschen zwischen dem 40. und 75. Lebensjahr beobachtet. Auch dabei ließ sich keine Verbindung zwischen Kaffee und Herzattacken erkennen. Allerdings erhöhte sich das Herzinfarktrisiko um 60 Prozent, wenn man täglich vier oder mehr Tassen entkoffeinierten Kaffee trank.
Eine weitere Studie, die letztes Jahr veröffentlicht wurde, untersuchte 44005 Männer und 84488 Frauen, die 14 beziehungsweise 20 Jahre lang beobachtet wurden. Auch hier wurde kein nennenswerter Zusammenhang zwischen Kaffee und Herzkrankheiten gefunden.
Viele der Studien, die behaupten, dass Kaffee gesundheitsschädlich sei, sind fehlerhaft. Forscher von der Medizinischen Hochschule der Universität von Maryland überprüften zehn Studien, die Kaffee in Verbindung mit Herzerkrankungen gebracht hatten.
Das Ergebnis:
Zwei Studien ließen einen Zusammenhang erkennen, eine Studie war nicht beweiskräftig, und sieben Studien zeigten überhaupt keinen Zusammenhang. Eine der Studien wies darauf hin, dass sich der Risikofaktor für Herzerkrankungen um 60 Prozent erhöht hatte. Und zwar bei Krankenhauspatienten, die ein bis fünf Tassen Kaffee am Tag tranken. Bei Patienten, die sechs oder mehr Tassen tranken, erhöhte sich der Risikofaktor um 120 Prozent. Doch es wurden Patienten miteinander verglichen, die regelmäßige Kaffeetrinker waren und zuvor Herzinfarkte erlitten haben und solche, die keinen Kaffee tranken und andere Krankheiten aufwiesen.
Eine weit verbreitete Studie von Medizinstudenten der Johns-Hopkins-Universität fand heraus, dass Kaffeetrinker ein zwei bis dreimal höheres Risiko an Herzerkrankungen haben.
Das Problem war nur, dass andere koronare Risikofaktoren – wie zum Beispiel eine fettreiche Diät, Trainingsmangel und übermäßiger Stress – ignoriert wurden.
Das gleiche Problem war bei einer Studie an 14500 Norwegern der Fall. Es zeigte sich, dass Kaffeetrinker höhere Cholesterinwerte und mehr Triglyceride im Blut aufwiesen. Wie sich jedoch herausstellte, waren die Teilnehmer auch Raucher, ernährten sich fettreich und betrieben keinen Sport.
Andere skandinavische Studien wurden durch die Art der Kaffeezubereitung in diesen Ländern vereitelt: Das Kaffeemehl wurde ohne Filter aufgekocht. Die Substanzen im Kaffeeöl – Cafestol und Kahweol -steigern die Blutcholesterinwerte, indem die Aktivität der Rezeptoren des LDL-Cholesterins unterdrückt wird. Normalerweise unterstützen diese Rezeptoren den Körper bei der Ausscheidung von Cafestol und Kahweol. Und mit Kaffeefiltern werden diese Kaffeeöle ausgesiebt. Gekochter Kaffee, türkischer Kaffee und französisch gepresster Kaffee enthalten pro Tasse durchschnittlich zwischen sechs und zwölf Milligramm Cafestol und Kahweol.
Dagegen beinhaltet gefilterter Kaffee nur 0,2 bis 0,6 Milligramm davon pro Tasse. Diese Substanzen galten als das eigentliche Hauptproblem, denn durch Tee, der ebenfalls Koffein enthält, werden die Werte des Blutcholesterins nicht erhöht. Eine Studie zeigte jedoch, dass Filterkaffee das Serumcholesterin etwas ansteigen lassen kann.
Eine andere Studie untersuchte, wie wirksam sich Kaffeefilter gegen Cholesterinhöchstwerte erweisen können: Trinkt man täglich vier oder mehr Tassen Kaffee, wird das LDL-Cholesterin ausreichend gesteigert, so dass sich der Risikofaktor für Herzerkrankungen um neun Prozent erhöht. Andererseits wird durch Kaffee auch eine schützende Form des HDL-Cholesterins genügend gesteigert, so dass sich das Risiko an Herzerkrankungen um sieben bis elf Prozent senkt.
Der Nettoeffekt ist also gleich null.
Viele Forscher vermuten, dass Kaffee zu Herzrhythmusstörungen führen kann. Dr. Martin G. Myers, ein Kardiologe am Sunnybrook Medical Center in Toronto, ist jedoch anderer Meinung: „Eine moderate Einnahme von Kaffee führt bei gesunden Menschen zu keinem häufigeren oder ernsthafteren Auftreten von Herzrhythmusstörungen. Gleiches gilt für Patienten mit ischämischen Herzkrankheiten und bei Menschen mit bereits vorhandener ventrikulärer Ektopie.“ Und wieder andere Studien konnten keinen Zusammenhang zwischen dem Trinken von Kaffee und Schlaganfällen erkennen.